In einem Unternehmensnetzwerk ist das Potenzial, Schaden anzurichten begrenzt. Nur der Netzwerkadministrator bestimmt, wer was im Netzwerk darf und wer nicht. In den digitalen Netzwerken ist das grundlegend anders, denn hier hat jeder Zugang und Unternehmen weder die Möglichkeit eine Art Privatsphäre zu schaffen, noch die eigenen Mitarbeiter daran zu hindern, „Dummes“ zu tun. Aus Unternehmenssicht versteht sich. Aus dem Grund lässt sich der Umgang der Mitarbeiter mit den Social Media nur über Guidelines regeln. Da eine Abgrenzung zwischen privatem und beruflichem Engagement in den Netzwerken schwierig ist, müssen sich in den sozialen Netzwerken präsente Unternehmen und deren Social Media Manager in zweifacher Hinsicht Gedanken über Social Media Guidelines machen.
Als ob es nicht schon genug Probleme bereitet, verärgerte Kunden und Fans zu besänftigen, funken ausgerechnet die eigenen Mitarbeiter immer öfter mit unbedachten Postings dazwischen. Nicht nur als offizielle Repräsentanten des Unternehmens, sondern auch privat. Sobald sie sich als ein Teil des Unternehmens zu erkennen geben beziehungsweise von anderen Nutzern damit in Verbindung gebracht werden, ist der Ernstfall da. Zumindest dann, wenn sie sich in einer Weise präsentieren, die so gar nicht zum Corporate Image des Unternehmens passen will. Anders als bei klassischen PR-Kanälen haben viele Mitarbeiter Zugang zu den Social Media Kanälen – einen „sozialen Netzwerkadministrator“ gibt es nicht.
Wenn ein Promi aus dem Showbusiness ein unbedachtes dummes Statement twittert, schadet er sich in erster Linie selbst damit. Postet allerdings ein Fußballprofi etwas Doppeldeutiges, dann kann es schnell einen Riesenwirbel auslösen. So war der Fußball-Jungstar Mario Götze jüngst mit drei ausgestreckten Fingern auf seinem privaten Instagram-Account zu sehen. Dabei wollte er lediglich zum Ausdruck bringen, dass er jetzt drei Millionen Fans auf der Plattform hat. Das geht natürlich gar nicht als Vertragsspieler beim Rekordverein Bayern München, der kurz zuvor drei Bundesligaspiele in Serie verloren hatte. Die Boulevardpresse griff das Posting genüsslich auf und nahm es als Aufhänger, um einen ganzen Kübel an Kritik über Götze auszuschütten. So schloss der Artikel mit der Empfehlung, mit der Zahl Drei künftig vorsichtiger umzugehen. Der Spieler ist schließlich auch Botschafter seines Vereins.
Hieran wird die ganze Problematik von Social Media Guidelines ersichtlich. Hätte der FC Bayern München seinen Spielern aktuell empfehlen sollen, alles, was mit der Zahl Drei in Verbindung gebracht werden kann, fortan zu unterlassen? Man stelle sich vor, ein Spieler wäre stolzer Vater von Drillingen geworden und dürfte sie in den Social Media nicht präsentieren. Das wäre natürlich Unsinn, denn auch die Presse hätte darüber berichtet und mit Sicherheit eine versteckte Anspielung auf die Verlustserie der Bayern gemacht. Was sollen die Guidelines aber nun konkret enthalten und worauf sollte das Unternehmen letztendlich achten?
In den Social Media Guidelines geht es in erster Linie darum, wer im Unternehmen mit welchen Botschaften wo kommunizieren darf. Sie wollen für Mitarbeiter nicht nur eine Orientierungshilfe bei ihrer offiziellen Firmenkommunikation auf Blogs, in Facebook und anderen Medien sein, sondern ihnen auch Empfehlungen für ihr privates Engagement in den Netzwerken an die Hand geben. Wie schafft man es allerdings den Mitarbeiter dafür zu begeistern, ohne den Eindruck zu erwecken, ihn in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung beschneiden zu wollen. Es ist ein Spagat. Das Unternehmen sollte in seinen Social Media Guidelines genau festlegen, welcher Mitarbeiter mit welchen Botschaften nach außen dringen darf. Wenn es um Produkte geht, sollte die Kompetenz Produktbotschaften zu kommunizieren, beim Produktmanagement liegen. Das gilt vor allem beim Rollout neuer Produkte.
Wie schwierig das sein kann, zeigt das Beispiel des häufig geschmähten Betriebssystem Windows. Auf der offiziellen Windowsseite von Facebook bemüht sich Microsoft nach Kräften, das Interesse am neuen Windows 10 zu fördern und die Windows-Gemeinde bei Laune zu halten. Auf der Facebook-Seite mit den neuesten Windows 10 Preview-Updates muss der Support indes technische Fragen kommunizieren, die mit dem bevorstehenden Upgrade zusammenhängen. Hier ist eine enge Abstimmung zwischen Produktmanagement und Support unumgänglich, damit keine widersprüchlichen Statements nach außen dringen.
Selbst dann, wenn das Unternehmen selber nicht in den sozialen Medien aktiv ist und nur über klassische PR-Kanäle nach außen kommuniziert, sind Social Media Guidelines für die private Nutzung der Social Media durch Mitarbeiter unbedingt zu empfehlen. Unbedachte Äußerungen können auch einer PR-Strategie zuwiderlaufen. Folgende Basics sollten Social Media Guidelines unbedingt enthalten:
Die Guidelines sollten Mitarbeiter ermutigen, selbst als Botschafter für das Unternehmen und seine Produkte in den sozialen Netzwerken aktiv zu werden, dabei aber die Guidelines zu berücksichtigen. Auch wenn es manche überraschen sollte: Fachkompetente Beiträge mit Mehrwert sind von Mitarbeitern ausdrücklich erwünscht.
Die Mitarbeiter müssen wissen, dass sie Verantwortung tragen, wenn sie ohne „dienstlichen“ Auftrag in den sozialen Netzwerken die Belange des Unternehmens betreffende Inhalte publizieren oder kommunizieren. Schon in deren eigenem Interesse (Erhalt des Arbeitsplatzes) muss es liegen, das Unternehmen nicht in ein schiefes Licht zu rücken.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Guidelines gehört es, dem Mitarbeiter zu vermitteln, dass er ein Botschafter seines Unternehmens ist und demzufolge auch bei seinen privaten Aktivitäten in den sozialen Medien, als solcher von der Außenwelt wahrgenommen wird. Das ist deshalb so wichtig, weil die Trennung zwischen privater und beruflicher Nutzung immer weiter verwischt.
Auch wenn die genaue Abgrenzung zwischen beruflich und privat zunehmend schwieriger wird, sollten die Guidelines regeln ob a) die private Nutzung der Social Media während der Arbeitszeit grundsätzlich erlaubt ist und b) in welchem Umfang dies gestattet ist.
Wer privat und nicht in einer Unternehmensfunktion eine Meinung äußert, sollte dies kenntlich machen. So lassen sich Missverständnisse am besten vermeiden. Wenn sich Mitarbeiter auch privat nur positiv über das Unternehmen äußern, wirkt das nicht gerade authentisch. Kritik (solange es keine Social Media Trolle sind) darf durchaus sein. Entscheidend ist das „Wie“ und der Zeitpunkt.
Keiner kann und will dem Mitarbeiter einen Maulkorb verpassen. Hat ein Mitarbeiter eine kritische Meinung zu bestimmten, für das Unternehmen relevanten Themen, soll er sie durchaus äußern können. Dies sollte jedoch rein privat geschehen und nach Möglichkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit erfolgen. Selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Nutzung während der Arbeitszeit erlaubt. Es wirft ein ganz schlechtes Licht auf die Unternehmenskultur, wenn Mitarbeiter die Freiheit haben, das eigene Unternehmen während der Arbeitszeit zu kritisieren.
Die Social Media sind kein rechtsfreier Raum. Die Nutzung unterliegt wie bei allen anderen Medien auch den gesetzlichen Bestimmungen. Auf die Einhaltung von Datenschutz, Urheber- und Markenrecht muss das Unternehmen unbedingt bestehen. Hat das Unternehmen einen internen Verhaltenskodex, so ist auf diesen ebenfalls hinzuweisen. Auch die arbeitsvertraglichen Bestimmungen sollten die Guidelines streifen. So dürfen beispielsweise keine Betriebsgeheimnisse über die sozialen Medien weitergegeben werden, wenn das Vertragsverhältnis eine Verschwiegenheitsklausel enthält. Aus Gründen der Transparenz sollten die Mitarbeiter aufgefordert werden keine Nicknames zu verwenden. Vielmehr sollten sie unter ihren Klarnamen kommunizieren.
Mitarbeiter dürfen keine Inhalte hochladen, die sie von irgendwoher kopiert haben. Einzige Ausnahme: Sie haben die ausdrückliche Zustimmung eines Urhebers dessen Inhalte weiterzuverbreiten. Grundsätzlich sollten jedoch nur eigene Inhalte veröffentlicht werden. Auf fremde Inhalte, die für andere Mediennutzer interessant sein könnten, sollte der Mitarbeiter per Link verweisen. Das ist nicht nur praktisch, sondern hat zudem den Vorteil, dass urheberrechtliche Konflikte erst gar nicht entstehen.
Die Social Media Guidelines sollten unbedingt auch einen Passus enthalten, der den Stil der Kommunikation in den Netzwerken regelt. Die Regeln zum respektvollen Umgang mit anderen Mediennutzern sollten sich nicht nur auf „dienstliche“ Aktivitäten beziehen, sondern generell auch private Engagements der Mitarbeiter fokussieren. Denkbar wäre eine Art Netiquette, die für die Kommunikation in den sozialen Netzen verbindlich ist. Dazu gehört beispielsweise, andere Netzteilnehmer nicht zu beleidigen und stets sachlich und überlegt zu argumentieren.
Es ist aussichtslos, alle Eventualitäten in den Guidelines abzudecken. Aus dem Grund ist es nicht falsch, in den Richtlinien einen variablen Passus unterzubringen, der in Form eines internen Newsletters die Guidelines mehr oder weniger regelmäßig ergänzt. Steht das Unternehmen aus irgendwelchen Gründen in der öffentlichen Meinung unter Beschuss, können sich unbedachte Äußerungen von Mitarbeitern besonders fatal auswirken. Mitarbeiter sind für diese Fälle besonders zu instruieren. Konkret geht es dabei um Verhaltensrichtlinien bei außergewöhnlichen Vorkommnissen, weil diese nach einer besonders sensiblen Kommunikation verlangen.
Eine Airline kann nach einem spektakulären Flugzeugabsturz ebenso wenig zur Tagesordnung übergehen wie ein Autobauer nach einer großangelegten Rückrufaktion eines bestimmten Modells. Auch bei Unternehmen in finanzieller Schieflage ist besonderes Fingerspitzengefühl in der Social Media Kommunikation gefragt. Vor allem dann, wenn die Medien bereits breit darüber berichten.
Social Media Guidelines müssen sein und sollten im Rahmen der Social Media Strategie des Unternehmens verfasst werden. Sie können aber nur sehr allgemeine Verhaltensregeln abbilden. Juristisch lassen sich Abweichungen nur sehr schwer fassen. Etwa dann, wenn ein Mitarbeiter konkret gegen Urheberrechte verstößt oder das Unternehmen in einer Weise kritisiert, die sich eindeutig als geschäftsschädigend einstufen lässt. Von daher sollten sich Unternehmen nicht der Illusion hingeben, mit der Schaffung von Social Media Guidelines oder Policies ließen sich Konflikte ein für alle Mal aus der Welt schaffen. Als arbeitsrechtliches Instrument taugen die Guidelines daher nur sehr bedingt.
Zudem bringen aktuelle Ereignisse immer wieder neue Situationen hervor, die konkreter Handlungsempfehlungen bedürfen. Wenn ein Unternehmen eine langjährige Partnerschaft mit einem anderen Unternehmen aufkündigt oder von einem Unternehmen aufgekauft wird, hat es logischerweise auch Auswirkungen auf den Verhaltenskodex für die Social Media. Erst recht gilt das, wenn sich ein tragischer Vorfall ereignet. Stürzt ein Flugzeug ab, können Mitarbeiter der Airline wohl kaum noch so unbekümmert drauflos posten, wie vor dem Ereignis. Aus diesem Grund ist es ratsam, einen Punkt für konkrete Handlungsempfehlungen in die Guidelines aufzunehmen, die in regelmäßigen Abständen oder bei Bedarf zu aktualisieren ist und als fester Bestandteil der Richtlinien gilt.
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